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Sicherheit in unsicheren Zeiten: Zivilschützer im Einsatz

Text: Janina Rageth.

Dario Krättli, Zivilschutz Instruktor, steht vor einer Karte Graubündens. Schnüre und Stecknadeln kennzeichnen, wo der Zivilschutz überall im Einsatz ist. In den letzten drei Monaten seien 150 Zivilschützer pro Tag im ganzen Kanton im Einsatz gewesen, erklärt Dario Krättli in einem Schulzimmer im Zivilschutz Ausbildungszentrum in Meiersboden, Chur. Hier werden normalerweise die Zivilschützer ausgebildet. Doch seit etwa Ende Februar befindet sich an diesem Ort das Lagezentrum des Zivilschutzes, in welchem viele Dienste im Kampf gegen das Coronavirus geleistet werden. Denn die Anlage bietet genügend Platz, um den Abstand und die Hygienemassnahmen einzuhalten. Dort, wo sonst aus- und weitergebildet wird, wird nun koordiniert, gelagert, unterstützt, informiert und beraten. 

Der Zivilschutz ist in ganz Graubünden mit insgesamt 13 Kompanien im Einsatz. (Foto: Jana Ruffner)

Zur Koordination gehört es, geeignete Zivilschützer den einzelnen Institutionen, welche Unterstützung anfragen, zuzuteilen. Es gibt sechs Grundfunktionen im Zivilschutz: Stabsassistent, Pionier, Betreuer, Koch, Anlagewart und Materialwart. Die Institutionen geben ein Jobprofil an, mit welchem dann ein geeigneter Zivilschützer gesucht und hingeschickt wird. In der ersten Phase wurden freiwillige Zivilschützer aufgeboten, um Lücken in systemrelevanten Berufen zu meiden. Das sei zeitaufwendig und es sei anfangs eine Herausforderung gewesen, den Institutionen klarzumachen, dass Unterstützung nicht noch am gleichen Tage bereit sei, erläutert Adrian John, Leiter Ausbildung und Einsatz, im Interview. «Unsere Stärke ist es, innerhalb von einem bis zwei Tagen vor Ort zu sein und danach lange im Einsatz zu bleiben. Wie jetzt. Jetzt sind wir dann drei Monate lang im Einsatz», so Adrian John.

Im Gebäude nebenan befindet sich das Materialmagazin. Bestellungen vom Gesundheitswesen werden hier bearbeitet und das benötigte Material dann geliefert. Reihe für Reihe findet man hier alles, was in einer Notsituation gebraucht wird. Ganz hinten zwischen zwei Gestellen stehen mitten im Gang eingepacktes Desinfektionsmittel und Schutzmasken. Ein Gang weiter stapeln sich weitere Schachteln mit tausenden von Schutzmasken und Handschuhen, die fortlaufend an Institutionen ausgeliefert werden. Engpässe habe es in Graubünden zum Glück keine gegeben, da man mit den vorhandenen Ressourcen nicht verschwenderisch umgegangen sei. 

Schutzmasken werden in der Anlage in Meiersboden gelagert und an Einrichtungen im ganzen Kanton geliefert. (Foto: Jana Ruffner)

In der Aula bei der «Corona Comm» wird alles vorbereitet, was an die Medien weitergeleitet oder für Pressekonferenzen gebraucht wird. Übersetzungen sind dabei ein wichtiger Teil in unserem dreisprachigen Kanton. Eine zusätzliche Schwierigkeit sei, dass italienisch sprechende Regionen sich eher am Tessin orientieren würden. Da dort andere Massnahmen galten und das teilweise zu Verwirrung führte, ist es wichtig, dass die italienischsprachige Bevölkerung des Kantons auch die Möglichkeit hat, Graubünden bezogene Informationen einholen zu können. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes beantworten Zivilschützer den ganzen Tag lang Fragen. Von einfacheren Anfragen wie etwa der Regelung der Auflagen für die Eröffnung von Museen bis zu solchen, bei denen ein Rechtsdienst hinzugezogen werden muss, ist alles dabei. Anfangs waren 12 Zivilschützer vor Ort, die bis zu 800 Fragen am Tag beantwortet haben. Jetzt Mitte Mai sitzen noch drei hinter den Computer. Die Zivilschützer leisten ein bis zwei Wochen Einsatz, wobei Raphael Hofmann, Zivilschutz Instruktor, noch anbringt, dass einige sogar bis zu sechs Wochen freiwillig Dienst leisteten. 

Zivilschützer beantworten in der Aula in Meiersboden verschiedenste Fragen der Bevölkerung. (Foto: Zivilschutz Graubünden)

Einen Raum weiter stellen die Zivilschützer die Fragen, anstatt sie zu beantworten. Beim «Contact Tracing» helfen sie dabei, Erkrankte und Personen, welche mit den Erkrankten in Kontakt waren, zu kontaktieren und Anweisungen zu geben, in Isolation (für Erkrankte) oder Quarantäne (für Kontaktpersonen) zu gehen. Es handelt sich dabei um eine Aufforderung und nicht um eine Verordnung. Diese könnte jedoch von einem Kantonsarzt ausgesprochen werden. Von Montag bis Freitag erkundigen sich die Zivilschützer täglich nach dem Gesundheitszustand der jeweiligen Personen und ob sie genügend versorgt sind. Telefongespräche können dabei bis zu 45 Minuten gehen laut Raphael Hofmann. Daher war es nur anfangs möglich, das Contact Tracing durchzuführen. Danach waren es zu viele Personen, da ja nicht nur Infizierte, sondern auch deren Kontaktpersonen befragt werden müssen. Doch seit Montag, den 11. Mai, ist das Contact Tracing Team wieder im Einsatz. Neu wird als Alternative zum Telefonat die «COVID Care App Graubünden» angeboten, in welcher via Push-Mitteilungen nach dem Gesundheitszustand gefragt wird. 

Neben all diesen Aufgaben gibt es noch viele weitere Orte, wo Zivilschützer im Einsatz sind. «Wir leisteten bisher über 6000 Diensttage» gibt Adrian John Auskunft. Ein Diensttag bedeute hier ein Mann, ein Tag. Der Zivilschutz unterstützt dort, wo während des Lockdowns Lücken entstanden sind und eine grosse Lücke sei in Institutionen entstanden, in welchen vor allem Pensionierte aushalfen, wie beispielsweise Mahlzeitenfahrten oder Fahrten fürs Rote Kreuz. Da Personen über 65 der Risikogruppe angehören, durften diese nicht mehr herumfahren. Adrian John meint dazu: «Da hat man wieder einmal gesehen, dass die Pensionierten sehr viel machen, was volkswirtschaftlich ein grosser «Brocken» ist, und nicht unterschätzt werden darf.» Der grösste Teil der Unterstützungsanfragen kam aber von Spitälern, Heimen und der Spitex. 

Nur schon ein Besuch der Anlage in Meiersboden zeigt klar und deutlich, wie wichtig die Funktion des Zivilschutzes ist. Auch ohne Corona leisten die Zivilschützer in verschiedensten Bereichen und Orten gemeinnützige Arbeit. Das geht vom Bauen einer Brücke über das Vorbereiten eines Gemeindeführungsstabes bis zur Unterstützung in Altersheimen. «Was man auch nicht vergessen darf, was für uns als Tourimuskanton von grosser Bedeutung ist, sind die entsprechenden Anlässe wie zum Beispiel die Ski WM, etc.», führt Adrian John weiter aus. Das Ziel sei es, der Bevölkerung zu helfen. Und das macht der Zivilschutz auch. In Zeiten geprägt von Unsicherheit und Zweifel, gelingt es dem Zivilschutz mit seinen Diensten, Sicherheit und Vertrauen zu verbreiten. 

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