Über Einbildung, Bildung und Ausbildung.
Andrin. Ein definitiv immer aktuelles Thema ist die Bildung in (und) unserer Gesellschaft. Immer wieder hört man Aussagen wie „Bildung ist die Lösung zu allen Problemen in dieser Welt.“ Doch ist dies wirklich so? Bilden wir uns da nur etwas ein? Und was ist Bildung überhaupt? Wer bildet aus und was ist Ausbildung? Ist Bildung ein Luxus, der glücklich macht?
Peter Bieri machte folgende Aussage: „Bildung ist etwas, das Menschen mit sich und für sich machen: Man bildet sich. Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder nur selbst.“ In meinem Essay möchte ich Antworten und Gedanken zu oben genannten Fragen und Zitat finden.
Bildung nach eigenem Willen
Bilden tut man sich seines eigenen Willens wegen. Man bekommt eine Rüstung um einen eigenen Weg zu gehen. Einen Weg der Unabhängigkeit und des Durchblicks. Erst durch die Bildung wird uns bewusst, was es für verschiedene Möglichkeiten und Wege gibt, und wir können ein selbstbestimmtes Leben führen. Durch unsere Bildung wird es uns überhaupt erst möglich, die Ausbildung zu hinterfragen. Denn tun wir es nicht, besteht die Möglichkeit, dass wir instrumentalisiert und für andere Zwecke eingesetzt werden. Wir werden leichte Opfer für Manipulationen, denn es gibt nichts Gefährlicheres als Unwissenheit. Haben wir aber bereits eine gewisse Bildung erhalten, können wir eine Ausbildung wählen, welche uns auch entspricht. Hier entsteht eine Dualität, also eine Überschneidung von Bildung und Ausbildung, in welcher das eine das andere ergänzt. So können wir uns durch eine Ausbildung Wissen aneignen, welches uns selber auf unserem eigenen Weg weiterbringt. Wir erhalten ein vollständiges Bild und sind dadurch frei zu entscheiden, was wir wollen und müssen nicht nur von unserer Einbildung leben. Denn Einbildung ist eine Vorstellung, welche nicht der Realität entspricht.
Bildungsformen
Bildung kann durch Lernen angeeignet werden und dies wird auch im heutigen Schulsystem verlangt. Auswendiglernen was der Lehrer gepredigt hat und möglichst gute Noten schreiben. Oftmals scheint es mir, als ob eine kritische Auseinandersetzung dahinter gar nicht erwünscht ist. Schulstoff wird eingeatmet und wenn die Klassenarbeit geschrieben ist, wieder ausgeatmet. Wieso also nicht versuchen, ein gewecktes Interesse zu stillen und sich damit persönlich weiterbilden? Es braucht einen eigenen Willen sich bilden zu wollen, denn sonst werden wir nie in der Lage sein, ein persönliches und eigenständiges Bild von uns zu malen. Dennoch ist dies ein Wert, welcher nicht überall gefragt ist. Dies kommt auch im Zitat von Oscar Wilde (1854 – 1900) zur Geltung: “Wir leben in einem Zeitalter der Überarbeitung und der Unterbildung, in einem Zeitalter, in dem die Menschen so fleißig sind, dass sie verdummen.” Heute ist nicht mehr die Überarbeitung verantwortlich für Bildungsferne, sondern Zeitvertreib mit Konsum, multimediale Unterhaltung und Übersättigung.
Früher bildete man sich an der Uni und Lehrlinge wurden ausgebildet. Heute gibt es immer mehr Überschneidungen und es dreht sich häufig gar nicht mehr um die eigentliche Bildung. Schnell Geld verdienen und reich zu werden, ist das Ziel. Jedoch wird vergessen, dass der eigentliche Reichtum nicht in Geld, sondern in der Bildung liegt. Wer den Luxus der Bildung kennt und zu schätzen weiss, dem ist auch bewusst, dass es keinen grösseren Reichtum als Wissen gibt.
Bildung – Fluch oder Segen?
Sicherlich, es ist nicht immer einfach. Zu viele Gedanken und Ideen können einem manchmal in den Wahnsinn treiben. Fragen über Fragen, ein Universum von Wörtern und nie eine vollständige Antwort. Man wünscht sich dann vielleicht, dass einmal Ruhe einkehren möge. Doch ich glaube, dass wir ohne dieses Denken letzten Endes doch nicht glücklicher wären. Denn auch wenn es vielleicht kein einfacher Weg ist, bekommt man doch eine unglaubliche Faszination zu spüren. Die Welt wird durchleuchtet und erscheint in bunten Farben. Meiner Meinung nach gibt es nichts Schöneres, als zu spüren, wie sich Gedanken überschlagen, wie neues Wissen aufgesogen werden kann und neue Ketten von Zusammenhängen geknüpft werden.
Fazit
Bildung bezieht sich auf die menschliche Fähigkeit zu denken und Zusammenhänge zu verknüpfen. Wir brauchen Bildung, um über der Einbildung zu stehen. Wir brauchen Bildung, um eine passende und persönlich ansprechende Ausbildung zu wählen. Dies, um nicht Opfer eines anderen Willens zu werden. Bildung öffnet uns die Augen und ermöglicht uns einen Durchblick auf das Geschehen dieser Welt. Bildung nicht als etwas Auswendiggelerntes, aber als ein kostbarer Schatz, welcher uns niemand nehmen kann. Und wie es bereits Albert Einstein richtig gesagt hat: „Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn man alles, was man in der Schule gelernt hat, vergisst.” Er hat damit, vielleicht ohne Absicht, auch gleich ein Kriterium für die Qualität von Bildung mitgeliefert: Die Ausbildung dient als Instrument für das Erlangen von Bildung; überflügelt der Schüler seinen Mentor, erhielt er das richtige und notwendige Rüstzeug – die Neugier und das Streben nach einer höheren Bildung konnten eingepflanzt werden.
Durch Bildung können wir vieleicht nicht die Welt retten, aber es ist ein erster Schritt zu einer besseren Welt. Denn wer sich bildet, lernt Systeme zu hinterfragen und setzt damit dem Marionettendasein ein Ende.