Janina. Am Mittwoch, den 6. Juni 2018, findet um 19:30 Uhr in der Alten Turnhalle der EMS Schiers eine Premiere statt. Die Theatergruppe der EMS führt Thornton Wilders Theaterstück «Wir sind noch einmal davongekommen» auf. In den letzten Tagen vor dieser Premiere wurde nochmals intensiv geprobt. Ein kleiner Einblick in die Probe vom Sonntag vor der Premiere.
Die Sonne scheint auf den Hof der EMS in Schiers. Es ist warm mit 28 Grad und fünf Schülerinnen geniessen gerade im Schatten unter dem Baum ihr Mittagessen. Ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch. Doch bald geht es für sie wieder zurück in die Turnhalle. Seit 11:00 Uhr probt dort die Theatergruppe der EMS ihre aktuelle Produktion. Es sind nur noch drei Tage bis zur Premiere von Wilders Stück. «Sind er wieder parat?», ertönt die Stimme von Ursina Hartmann, welche die Theatergruppe mit viel Herzblut schon seit 19 Jahren leitet. Die Mädchen nicken, stehen auf und steigen fröhlich lachend und redend die Treppe hinauf. In der Turnhalle ist es dunkel und kühl. Das komplette Gegenteil zum Wetter draussen. Links hängt ein riesiger grauer Vorhang. Davor steht ein Tisch mit Computern, einem Beamer und Petflaschen darauf. Rechts ist die Bühne aufgebaut, auf der sich ein schwarzes Sofa, ein Schaukelstuhl und eine kleine, weisse Trennwand befindet. Vor der Bühne sind Stühle sowie Taschen voll mit Kostümen und Accessoires verteilt. Der Raum macht einen leicht chaotischen Eindruck. Noch fehlt ein grosser Teil der Gruppe. Doch diejenigen, die schon hier sind, beginnen damit, die Requisiten und Kostüme herzurichten. Nach und nach treffen die anderen ein und die Turnhalle wird langsam mit Lebendigkeit erfüllt. Zum Schluss müssen nur noch der Dinosaurier- und der Mammutkopf hineingetragen werden. Nun sind alle da und alles ist bereit. «Ab Seite 16!», gibt Ursina die Anweisung und jeder schwirrt in eine andere Richtung davon. Als die Szene beginnt, verbreitet sich eine schon fast greifbare Spannung und Konzentration im Raum.
August 2017. Zehn Monate vor der Premiere begannen die Vorbereitungen. Zuerst wurden mit den Neulingen die «Basics» angeschaut und geübt. Dazu gehören Atemtechnik, Sprechtechnik, Körperhaltung und so weiter. Nach den Herbstferien folgte dann ein gemeinsames Wochenende, an dem die Rollen verteilt wurden. Danach begann die Hauptarbeit für die Schauspieler und Schauspielerinnen: ihre Rollen auswendig lernen. Schliesslich begannen dann die Proben. Doch so einfach, wie es jetzt hier klingt, ist es dann doch nicht. «Dieser Moment, wo man denkt, das schaffen wir nie, kommt jedes Jahr», gibt Ursina zu. Doch die Liebe zu ihrer Arbeit lässt sie nicht aufgeben. Man spürt während den Proben ihre Begeisterung und ihre Hingabe für das Theater und die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen. Die letzten Proben vor der Premiere sind nochmals sehr intensiv für die Schüler und Schülerinnen. Es darf nicht vergessen werden, dass auch noch der Prüfungsstress in der Schule dazu kommt. Doch das wird relativ locker genommen. «Ich mache mir eigentlich nicht so viel Stress wegen den Prüfungen.» verrät Angela gelassen.
Doch wieso wird «Wir sind noch einmal davongekommen» aufgeführt? Es gab zwei Hauptgründe. Der eine war, dass das Stück von einem amerikanischen Autor geschrieben wurde. «Wir hatten schon Pirandello, einen Italiener, Lorca, einen Spanier, Büchner, einen Deutschen, aber noch nie einen Amerikaner», so Ursina. Ausserdem sei das Stück so skurril und aktuell. Der Protagonist sei eine richtige Trump-Figur. Der zweite Grund war, dass anfangs dieses Schuljahres nur noch fünf Leute in der Theatergruppe waren. Die anderen hatten alle mit der Matura abgeschlossen. Daher hatte Ursina ein wenig Angst, nicht genug Leute zu haben. Im Stück «Wir sind noch einmal davongekommen» gibt es fünf Hauptpersonen und so hätte man es notfalls sogar mit nur fünf Leuten aufführen können. Doch später stellte sich heraus, dass ihre Angst völlig unberechtigt war. Das Stück wird mit insgesamt 15 Spielern und Spielerinnen aufgeführt.
In der Turnhalle wird nun der 2. Akt in Angriff genommen. Ab jetzt muss vor allem noch das Licht besprochen und eingestellt werden. Für die Spieler und Spielerinnen wird es nun etwas mühsamer. Einige Szenen müssen mehrfach wiederholt werden, um das Licht anzupassen. Dies erfordert sehr viel Geduld und man spürt die Erleichterung, als verkündet wird, dass es vor dem 3. Akt eine 20-Minuten-Pause gibt. Ein kunterbuntes Treiben aus Text üben, durcheinanderreden, lachen und singen beginnt. Um 17:00 Uhr geht es mit neuer Kraft an den 3. Akt. Die ganze Gruppe arbeitet gut zusammen. Man hilft einander, wenn es nötig ist, und es werden auch eigene Ideen eingebracht. Regieanweisungen versucht man sofort umzusetzen und wenn ein Problem auftaucht, wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht. Etwa eine Stunde später wird der dritte und letzte Akt beendet. Alle sind müde vom strengen Wochenende. Aber es hat sich gelohnt. Lili, die Mrs. Antrobus spielt, erläutert zufrieden: «Diese Probe heute hat sehr geholfen. Man beginnt sich wirklich in den Charakter hineinzufühlen und wird immer sicherer.» Jetzt sind sie noch nicht nervös. Alle stimmen überein, dass die Nervosität erst noch kommen wird. «Es ist im Moment einfach schön zu sehen, wie alles langsam zusammenkommt und funktioniert», äussert sich Jana. Sie spielt das Hausmädchen Sabina. Nun trennen sich die Wege aller Versammelten wieder. Doch bereits morgen wird sie ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Theater und ihre Vorfreude auf die Vorstellungen wieder für die Hauptprobe zusammenführen.
Worauf können sich die Zuschauer und Zuschauerinnen freuen? Auf jeden Fall auf ein abwechslungsreiches, komisches Theater, welches aber durchaus auch zum nachdenken anregt. Wo sonst kann man die Evolution des Menschen in nur zwei Stunden und auf eine so unterhaltsame Weise miterleben? Nun bleibt nur noch Ursina und ihrer Theatergruppe alles Gute für die Premiere und die weiteren Vorstelllungen zu wünschen.